Hallo
Immer wieder lese ich als Begründung für die angebliche Wirksamkeit von Homöopathie, dass ja auch Ärzte/Kinderärzte pflanzliche- und homöopathische Medikamente verschreiben, und die müssen es ja wissen.
Warum wir Kinderärzte Homöopathie verschreiben...
Kinder, gerade in den jungen Jahren, haben noch kein ausgeprägtes Immunsystem.
Wer eigene Kinder hat, die in den Kindergarten gehen, kennt das "Problem".
Ein Infekt jagt den Nächsten, teilweise wirkt es so, als sei das Kind über lange Zeit dauerkrank.
"Herr Doktor, mein Kind hustet schon seit 2 Monaten"
Nun ist es so, dass wir Kinderärzte häufig die Eltern mit behandeln müssen, nicht im medizinischen sondern eher im psychologischen Sinne.
Wir erklären dann den Eltern, dass dies völlig normal ist, weil das Immunsystem noch lernt. Und gerade im Kindergarten stecken sich die Kinder immer wieder gegenseitig an.
Als Arzt haben wir das Kind abgehört und geschaut, dass es nichts Schlimmes hat.
Das Kind selber braucht keine Therapie, es muss einfach da durch (es hustet halt, hat aber sonst keine Beschwerden).
Die Mutter aber ist genervt vom Husten und vor allem hilflos. Sie möchte gern, dass ihr Kind schnell gesund wird, weil sie sich Sorgen macht.
Und nach der Erklärung, auch wenn völlig normal ist, wenn das Kind länger hustet (bis zu 6 Wochen), möchten die Eltern gerne, dass etwas getan wird.
Also was macht der fürsorgliche Arzt.
Er verschreibt einen pflanzlichen Hustensaft.
Hustensäfte zur "Schleimlösung" haben nachgewiesen keine Wirkung.
Darum empfehlen wir diese Säfte auch nur dann, wenn eher das Hilfebedürfnis der Eltern als die Gesundheit des Kindes therapiert werden soll.
Zusätzlich empfehlen wir den Eltern, das Kind solle viel trinken.
Denn viel trinken hat nachgewiesen einen schleimlösenden Effekt.
Anderes Beispiel:
Das Kind hat einen viralen Infekt, sprich Antibiotika helfen nicht (Antibiotika helfen nur bei Bakterien).
Dennoch besteht die Mutter auf ein Antibiotikum, da ihr Kind ja krank ist.
In dieser Situation gibt es dann die Möglichkeit auf Homöopathie auszuweichen.
Auch hier wird der Wunsch der Eltern (ihrem Kind zu helfen) therapiert und nicht das Kind direkt (auch wenn der Placebo Effekt dem Kind sicher etwas hilft).
Warum geben manche Ärzte jetzt Homöopathie?
Geben wir dem Kind nichts und investieren auch keine Zeit (von der wenig zur Verfügung steht) um es der Mutter ausführlich zu erklären, geht die Mutter so lange zu Ärzten, bis sie etwas verschrieben bekommt, da sie sich Hilflos fühlt.
Geben wir auf Wunsch der Mutter Antibiotika, schaden wir dem Kind.
Gibt der Arzt Homöopathika, hilft er der Mutter und das Kind bekommt unschädlichen Milchzucker verabreicht.
Milchzucker plus fürsorgliche Mutterliebe, ein bisschen heißer Tee und nach ein paar Tagen ist die Krankheit überstanden und alle fühlen sich besser.
Es hat also nichts mit dem "Beweis" von Wirksamkeit zu tun,
wenn Ärzte Homöopathika verschreiben, sondern mit dem Bedienen von Behandlungswünschen der Patienten/Eltern,
wenn eigentlich keine Behandlung erforderlich wäre.
Gruß
Michael