Guten Abend,
aus Neugierde wende ich mich an dieses Forum, um hoffentlich aufschlussreichere Informationen zu erhalten als auf einschlägigen medizinischen Infoseiten.
Heute befand ich mich in einer Erste Hilfe Situation, die zwar alles in allem gut ausgegangen ist. Trotzdem hatte ich dancah weder das Gefühl, alles richtig gemacht zu haben, noch, dass die weiteren involvierten Personen die Ernsthaftigkeit der Situatiion verstanden hatten.
Ob es wirklich so ernsthaft war, das möchte ich hier gerne erfahren.
In der Berufsschule ist heute ein Mitschüler eingeknickt, auf den Boden gefallen und atmete viel zu schnell und flach, hatte auch nicht mehr die Kraft, zu stehen. Der Lehrer war schon bei dem 19-jährigen, ich kam dazu, sobald ich die Situation erkannt und begriffen hatte.
Ich bemerkte, dass der Mann hyperventiliert und setzte ihn halb auf, seinen Rücken an meine Oberschenkel gelehnt, während ich hinter ihm kniete. Ich versuchte mit ihm zu sprechen, aber er hatte dazu keine Kraft, also hielt ich nur seine Hand und versuchte ihn zu beruhigen, ich war ziemlich hilflos.
Er atmete immer flacher und schneller, hörte schließlich ganz auf zu atmen und fiel in Bewusstlosigkeit oder chronologisch umgekehrt, das weiß ich nicht mehr. Mir war aufgefallen, dass seine Atmung immer schwächer wurde, und als ihm die Augen zufielen und er auf keinerlei Zeichen oder Ansprache reagierte, legte ich ihn ab und hielt meine Hand über Nase und Mund: keine Atmung. Von hinten sagte jemand, ich solle eine Hand auf den Bach legen.Völlig am Limit versuchte ich wild irgendwo einen Puls zu erfühlen, bei dem Stress keine Chance. Am Handgelenk meinte ich einen normalen Puls zu fühlen.
Ich war also total verwirrt, so etwas lernt man nicht in erste Hilfe Kursen. Atemstillstand mit Puls während Bewusstlosigkeit. Der Mann atmete aber nicht mehr und ich konnte nicht mehr warten.
Ich überstreckte den Kopf, schloss die Nase und beatmete künstlich. Einmal, dann wartete ich, zweimal dreimal und nach kurzem Husten wurde er wach und atmete.
Das schlimmste war überstanden, die Atmung wurde langsam etwas besser. Schließlich konnten wir mit ihm sprechen und er teilte mir und zweien weiteren schwach mit, dass er an Panikattacken leide und gerade eine habe, er hätte sich schon die ganze Woche schlecht gefühlt und der Beginn der Berufsschule mit hohem technischen Niveauansprüchen an die Schüler hätte ihn sehr gestresst, er fühlte sich überfordert.
Inzischen war auch die Feuerwehr (alles spielt sich in Frankreich ab, hier wird die Feuerwehr in diesen Situationen angerufen), am Telefon und scheinte ziemlich lapidar mitzuteilen, dass Panikattacken nicht schlimm währen, man den Patienten nur beruhigen und in eine Tüte atmen lassen sollte und alles bald vorbei wäre.
Ich brachte den jungen Mann raus aus der Werkstatt und an die frische Luft, wo er allerdings zusammenklappte und seine Atmung sich nochmal verschlechterte. Nach etwa 10 min konnten wir ihn in die Umkleide bringen, wo seine Medikation im Rucksack verstaut war.
Als alles vorbei war, gab ich quasi der gesamten Schulverwaltung lautstark Mitschuld an der meines Erachtens nach sehr schlechten Reaktion in der Situation. Weder Lehrer noch Mitschüler des Betroffenen waren über dessen Krankheit (er hatte zuvor wegen seiner Attacken 2 Jahre in Krankenhaus verbracht, genaueres weiß ich momentan dazu nicht) informiert, niemand wusste von seinen Medikamenten, er hatte keine Norfallnummer bei sich, der Feuerwehr wurde am Telefon die Situation falsch dargelegt, da man mir offensichtlich nicht glaubte, der junge Mann hätte tatsächlich überhaupt nicht geatmet. Möglicherweise war in der Aufregung mein französisch auch nicht präzise genug.
Jedenfalls waren in meinen Augen notwendige Vorkehrungen nicht getroffen worden, und der Leidtragende wäre, so meine Wahrnehmung, im schlimmsten Fall der junge Mann gewesen, hätte sein Atemstillstand länger als die wahrscheinlich etwa 30 Sekunden gedauert.
Als der Vater des jungen Mannes diesen abgeholt hatte, stellte ich bei der Internetrecherche fest, dass Panikattacken eigentlich nichts lebensgefährliches sind. Bewusstlosigkeiten könnten demnach in Extremfällen auftreten aber generell sei nach 30 min alles vorbei, und die Beeinträchtigung durch Angst sei in erster Linie psychischer Natur, da die betroffene Person sich im Alltag eingeschränkt fühlt.
Allerdings ist nirgends die Rede von Atemausfällen oder sogar Atemstillstand.
Ich war aber Zeuge, wie der junge Man DEFINITIV etwa 30 Sekunden gar nicht geatmet hat und Bewusstlos war, ob er Puls hatte oder nicht, weiß ich nicht.
Die eigentliche Fragen nach diesem hoffentlich ein wenig unterhaltsamen Roman sind also :
1. Ist es möglich, aufgrund einer Panikattacke durch hyperventilation Bewusstlos zu werden, und sogar einen Atemstillstand zu erleiden, obwohl der Puls intakt ist?
2. Waren meine geschilderten Reaktionen hilfreich und richtig?
3. Können derlei Situationen, im speziellen der Atemstillstand während einer Panikattacke, bis zum Tod führen? Ich habe erfahren, dass der durch die Hyperventilation drastisch gesenkte CO2 Gehalt im Blut durch automatische Atemaussetzer wieder ausgeglichen wird, oder so ähnlich. Es handelte sich im diesem Sinne also möglicherweise um eine Abwehrreaktiond es Körpers.
4. Warum haben Eltern/Schule/der Mann selbst keine Vorkehrungen für solche Extremfälle getroffen, bzw. wie kann es sein, dass die Schule die Aufsichtspersonen des Mannes nicht über dessen Gesungheitszustand informiert hat?
Ich hoffe hier ein paar informative Antworten zu erhalten und kann zu dem heutigen Erlebnis zumindest sagen, dass mein Mitschüler sich, nachdem alles überstanden war, bei mir bedankte und ich froh bin, wenigstens reagiert zu haben. Ob ich richtig reagiert habe, weiß ich allerdings leider nicht.
Schöne Grüße aus Reims