Hallo!
Dieser Beitrag ist im Zusammenhang mit meiner schizoiden Persönlichkeitsstörung zu sehen. Zu dem Thema habe ich vor längerer Zeit einen Thread begonnen, der ziemlich lang wurde.
http://www.patientenfragen.net/psych...ng-t12810.html
Kann ein einzelner Moment eine Persönlichkeitsstörung auslösen?
Das ist eine rhetorische Frage. Ich erwarte keine erschöpfende Antwort, aber vielleicht fällt dem/der einen oder anderen etwas dazu ein. Die Definition von Persönlichkeitsstörungen ist mir bekannt. Sie entstehen natürlich nicht plötzlich, sondern entwickeln sich über einen langen Zeitraum. Ich denke aber, daß einzelne ungünstige Erfahrungen in der Kindheit die vorhandene genetische Veranlagung sehr wohl verstärken können.
Als ich sechs Jahre alt war hat meine Mutter etwas getan, was ich als schweren Fehler ansehe. Die etwas umständliche Geschichte war so:
Meine Eltern waren mit einem Ehepaar befreundet, das auch einen Sohn meines Alters hatte. Dort verbrachte ich viel Zeit. Eines Tages zerstritten sich meine Eltern mit den Leuten; ich habe nie erfahren, worum es dabei ging. Vor meinem letzten Besuch bei ihnen schärfte meine Mutter mir ein, daß ich nicht sagen sollte, wohin sie (die Mutter) gegangen war. Warum das ein Geheimnis sein sollte, habe ich auch nie begriffen. Jedenfalls fragte die andere Frau mich, wo meine Mutter sei und ich antwortete verlegen, aber wahrheitsgemäß: "Das darf ich nicht sagen, meine Mutter hat's verboten."
Später holte meine Mutter mich ab und die Frau fragte natürlich, wo sie gewesen war und warum ich es nicht verraten sollte. Meine Mutter wurde wütend, rief "Unsinn!", zerrte mich in ein Nebenzimmer und versetzte mir eine heftige Ohrfeige. Das Geschrei war groß. Der Kontakt zu den Leuten war an dem Tag für immer beendet.
Ich bin mir nicht sicher, aber für viele Kinder wäre das vielleicht eine bedeutungslose Episode gewesen, die sie bald vergessen hätten. Für mich war es eine traumatische Erfahrung. Ich wurde dafür bestraft, daß ich die Wahrheit gesagt hatte! Meine Mutter hatte wohl erwartet, daß ich irgendeine Lügengeschichte auftischen würde, aber das kam mir in dem Alter gar nicht in den Sinn.
Ich glaube, an dem Tag wurde mein Urvertrauen zerstört. Später beklagten meine Eltern oft, daß ich "nichts erzähle". Ich war ein mißtrauisches, schweigsames, verschlossenes Kind und wurde es um Laufe der Jahre immer mehr. Ich sage nicht, daß vor dem Ereignis alles in Ordnung war, ich fiel auch vorher schon durch "Fremdeln" auf. Aber der Umstand, daß die Geschichte mich bis heute beschäftigt, deutet vielleicht darauf hin, daß damals etwas kaputtgegangen ist, was sonst möglicherweise nicht ganz so schlimm geworden wäre.
Fällt jemandem etwas dazu ein? Vielleicht ähnliche Fälle?
Schönen Gruß
Charles