Hallo zusammen,
ich mache mir seit einiger Zeit große Sorgen um meinen Bruder. Er ist jetzt 22 Jahre alt und damit 5 Jahre jünger als ich.
Eigentlich ist sein Verhalten schon auffällig seitdem ich denken kann.
Im Kindergarten war er schon ein Außenseiter und hat meist allein gespielt und sich geweigert, bei Gruppenspielen etc. mitzumachen. Damals haben wir uns noch nichts dabei gedacht, denn das gibt es ja öfter. Kurz vor seiner Einschulung sind wir dann umgezogen. Es fiel uns allen nicht leicht und so kam es auch nicht überraschend, dass er zunächst nicht in die Schule gehen wollte, er kannte schließlich niemanden da. Doch es wurde immer schlimmer, er blieb oft von der Schule zu Hause, sagte er wäre krank oder er gehe einfach nicht mehr hin. Das steigerte sich dann so, dass er in der 5. Klasse, nach dem Schulwechsel aus der Grundschule, aus Angst oder was auch immer vor der Schule mit Messern auf uns los ging und regelrechte Schreikrämpfe bekam, wenn wir versuchten, ihn in die Schule zu bewegen. So kam es, dass er dann in stationäre psychotherapeutische Behandlung kam.
Dort konnten sie nicht wirklich feststellen, was mit ihm los ist, er hat angeblich bei allem mitgemacht und sich auch nicht sonderlich auffällig gezeigt. So kam er also wieder nach Hause, alles ging etwas besser, doch dann begann alles von neuem. Mein Bruder hat schon immer wenig gesprochen, macht alles mit sich selbst aus und wirkt sehr gefühlskalt und unsozial. Über Gefühle hat er nie gesprochen, man sah es ihm an, wenn es ihm nicht gut ging, aber gesagt hat er nie etwas. In der 10. Klasse hat er dann wieder sehr oft in der Schule gefehlt, sodass er seinen Realschulabschluss wiederholen musste. Er verbringt seitdem sehr viel Zeit am PC, spielt sehr häufig Counterstrike oder ähnliche Spiele. Freunde hat er kaum welche. Mal trifft er sich mit einem Kumpel aus dem selben Dorf, aber das ist auch nur sehr sporadisch. Meist sitzt er den ganzen Tag in seinem Zimmer, schläft lange und spielt Computer bis tief in die Nacht.
Meine Eltern sind sehr geduldig mit ihm, versuchen aber trotzdem sehr viel, ihn wieder in ein „normales“ Leben zu bewegen. So kam es, dass mein Vater vor ca. drei Jahren mit ihm zu einem Spezialisten auf dem Gebiet psychischer Erkrankungen gefahren ist, der sich besonders mit der Erkrankung der sozialen Phobie beschäftigt. Dies wurde dann auch bei meinem Bruder diagnostiziert, er bekam Medikamente und wollte auch wieder eine Therapie machen. Alles wurde besser, mein Bruder schien richtig aufzublühen, er hat oft gelacht und war auch wieder bei Familienfeiern mit dabei. Doch dann irgendwann setzte er selbst die Medikamente ab und wollte auch nicht mehr zur Therapie. Er sagte, es würde ihm eh nichts helfen, es ginge ihm auch mit Medikamenten beschissen und deshalb sehe er nicht ein, warum er sie weiter nehmen sollte. Das ist nun etwa 2 Jahre her, seitdem geht es ihm richtig schlecht, er ist nur noch in seinem Zimmer, kommt nur raus um sich was zu essen zu holen. Er spricht nur das nötigste mit meinen Eltern und ist total verschlossen. Niemand kommt mehr an ihn heran. Hinzu kommt, dass er sich vor einiger Zeit sehr verrückt gemacht hat, weil er glaubte, er hätte starke Parodontose und ihm würden bald alle Zähne ausfallen. Das hat er natürlich auch niemandem erzählt. Man hat gemerkt, dass ihn etwas sehr bedrückt und nach zahllosen Gesprächsversuchen hat er es dann irgendwann doch meinen Eltern erzählt. Er ist dann zum Arzt und alles war okay. Er hat sich ganz umsonst so lange gequält. Danach ging es ihm dann wieder besser. Nun sagt er neuerdings wieder, er muss unbedingt zum Arzt und ich glaube, er hat wieder Angst vor einer schlimmen Krankheit und zieht sich deshalb so zurück. Aber er will mit keinem sprechen. Selbst an seinem Geburtstag wollte er niemanden sehen. Ich wohne zum Glück nicht mehr zu Hause. Ich glaube, ich würde aus Sorge um ihn sonst verrückt werden. Aber meine Mutter erzählt oft von ihm und macht sich auch so ihre Gedanken. Er wirkt immer traurig, einsam und verzweifelt, wenn ich ihn mal sehe und er sagt immer „geht so“ wenn ich ihn frage, wie es ihm geht. Ich weiß nicht, wie ich ihm helfen kann und deshalb schreibe ich hier, weil ich hoffe, dass es vielleicht noch mehr Menschen so geht wie mir, die mir helfen können. Ich kann doch nicht einfach zusehen, wie er da so vor sich hin vegetiert und vielleicht schon bald so verzweifelt ist, dass er nicht mehr Leben will. Was kann ich tun um ihm zu helfen??
Würde mich freuen, wenn jemand einen Rat für mich hat.