Ok, das ist nun wirklich viel Text![]()
Kurzfassung: Himmel und Hölle sind eng einander...
Prolog:
Am 8.6. fing das Drama an.
Sturz vom Rad und das Schlüsselbein war durch. Also ab ins Krankenhaus in die Chirurgie. Es wurde geröntgt und ein so genannter Rucksackverband angelegt. Den solle man ein paar Wochen tragen und dann ist alles gut. Hin und wieder Kontrolle, mehr muss man nicht machen.
Treu wie man ist, macht man das auch. Der „Genuss“ von starken Schmerzmitteln stieg erst einmal reichlich an. Nach 1,5 Wochen wurde es dem Hausarzt zu heikel und schickte mich zum nächsten Chirurgen. „Haben Sie Geduld, das wird schon wieder! Haben Sie noch genug Schmerzmittel?“ Aua. Das eine Schmerzmittel vertrage ich nicht mehr. Auf Tramal habe ich keine Lust, will davon nicht abhängig werden. Das neue Schmerzmittel hat die Wirksamkeit von etwas mehr als eine normale Kopfschmerztablette. Der eine Rucksackverband passte nicht mehr, also ein neuer her. Jetzt ist wenigstens das Tragen von dem Teil angenehmer. Die Nächte verbringe ich immer noch mit 1,5 -2h Schläfchen und maximal dreimal hintereinander. Wechselnd auf Sofa und im Bett. Jede Bewegung tut weh, die Bewegung ist massiv eingeschränkt.
Nach 4 Wochen an einem Freitag (ich war sehr häufig bei den Ärzten und verwies auf die Schmerzen), fing der 2. Chirurg auch an zu denken. Er wolle mal mit einem Kollegen sich über den Fall austauschen, evtl. solle man das doch vielleicht operativ stabilisieren. Nachmittags kam der erlösende Anruf vom Chirurg2, dass der Chirurg3 das am Mittwoch operieren würde, es würde ein Prevot Nagel gesetzt werden. Ich solle, wenn ich die OP wollte, am Montag in die Praxis von dem Doc kommen.
Natürlich stand ich am Montag Punkt 8h in der Praxis. Es wurden weitere Voruntersuchungen gemacht, ich habe mir den Doc angeschaut, als gut befunden und alle weiteren Termine geklärt. Nachmittags dann im Krankenhaus angerufen und das Narkosevorgespräch gemacht. Am Dienstag noch ein kurzer Anruf beim Chirurg3, letzte winzige Unstimmigkeiten klären.
Kapitel 1 bis 104857845728727
Am Mittwoch (9.7.) Vormittag hat mich die Warterei fast wahnsinnig gemacht. Morgens um 8h war Ende mit jeglicher Nahrungsaufnahme. Aber egal, hab eh kaum Hunger. Nur das nicht trinken dürfen ist blöd.
13h, das Taxi kommt. Bis zum Krankenhaus sind es gut 20min, die Zeit bis 14h noch für einen kleinen Spaziergang genutzt. Dann anmelden und das „Club Med Bändchen“ bekommen (Strichcode auf so einem Armbändchen wie es die in den Clubs gibt)
Auf der einen Station gemeldet, zu einer anderen Station geschickt worden und von einem Drachen empfangen worden. Nennen wir den Drachen mal Schwester Rabiata. Sie brachte mich auf das Zimmer, gab mir Hemdchen, Strümpfe und so ein Pseudohöschen (urgs). Fertig gemacht und auf die OP warten. Die beiden Bettnachbarinnen bekamen dann Kaffee. Folter! Wir verstanden uns prächtig, lachten viel und die Schwestern waren beim Betreten des Zimmers immer irgendwie so grinsend? Hüstel, ok, man hat uns bis ins Schwesterzimmer (schräg gegenüber) gehört. Das fängt ja gut an.
Der Chirurg3 kam, wünschte einen guten Tag, erklärte noch einmal kurz den Ablauf und schon gab es das so genannte *******galpillchen. Leider wirkte die nicht. Gegen 16h wurde ich dann abgeholt. *Schluck* jetzt geht es los. Es ist ja schon ganz interessant, wie die OP Vorbereitungen so sind und wie ein OP so ausschaut. Ich hätte da dankend drauf verzichtet. Dann wurde die Atemmaske einem aufgedrückt, Atemnot und Panik setzte ein und weg war ich.
2h später war ich schlagartig hellwach vor starken Schmerzen und Atemnot. „XXXx, atmen Sie!“ Höre, wie im Hintergrund gesagt wird, wir haben einen Abfall der Sauerstoffsättigung.
Sage das ich starke Schmerzen habe und es wird Novalgin den Tropf gegeben. Wirkung = Null. Auch auf die Atemnot wird hingewiesen. Vom OP Bereich ins Bett verfrachtet worden und ich japste weiter nach Luft. Kopfteil hoch, irgendwie war ich dann auf dem Zimmer und konnte mein Spray nutzen. Immerhin wurde die Atemnot weniger. Der Schmerz war immer noch sehr stark. Es wurde in den Tropf nach gespritzt. „Es wird gleich besser!“ Leider nicht. Ich lag da, rang nach Luft, die Tränen und der Schweiß lief mir in Strömen runter. Meine Körperhaltung war total verkrampft. Meine Bettnachbarin klingelte für mich wieder die Schwester her. Schwester Rabiata kam, beschaute sich das, meinte nur lapidar: „Sie haben alles bekommen, was Sie bekommen können!“ und haute wieder ab. Ich ging vor- und rückwärts durch die Hölle. Ich merkte jeden einzelnen Bruchstück vom Knochen, Muskeln, Sehnen, die an einer neuen Stelle waren. Der Bruch vorher tat ja schon sehr weh, aber das war eine neue Dimension an Schmerz. So verging Stunde um Stunde. Die Bettnachbarin raunzte immer wieder die Schwestern an, dass dies doch nicht normal sei. Es wurde nichts getan.
Nach endlosen 3h war Schichtwechsel und die Nachtschwester kam. Mein Bettnachbarin erklärte was los ist, die Schwester schaute mich kurz an und sagte: „ich mach da mal was Gutes fertig!“ Eine Zeit später (ich hatte kein Zeitempfinden mehr) kam sie wieder und sagte zu mir, sie hätte nun den richtig guten Stoff. Sie legte den Tropf an und lies erst einmal eine größere Menge durch. Eine wohlige Wärme, Ruhe, Schmerzfreiheit machte sich breit. Nach 2-3min (wie man mir am nächsten Tag sagte) lag ich grinsend, entspannt und schmerzfrei im Bett. Die Dosierung wurde reduziert. Ich weiß nicht, was es war, aber es war geil, den fliegenden Pandabärchen zu zugucken.... An die Nacht kann ich mich nicht mehr wirklich erinnern, nur kleine Details kann ich mich erinnern. So taten die kurzen Armberührungen gut und das vorsichtige Wechseln des Eisbeutels auf der Schulter. Schlafen war trotz oder wegen dem Trip nicht wirklich möglich. Mitten in der Nacht war dann der Tropf durch. Morgens gab es dann über einen anderen Tropf noch einmal ein neues Schmerzmittel, welches wirkte.
Mittags nach der Visite wird der venöse Zugang entfernt. Tagsüber hatte ich lange Zeit von den Schmerzen noch Ruhe, nur mein Kreislauf war nicht wirklich da. Aufstehen hieß gleich umkippen, die Schwestern waren auf dem Flur genervt, da es anscheinend sehr vielen so ging. „Mir kippen heute alle Leute um“ hörte man öfters. Nachmittags war ich dann soweit, das ich immerhin im Bett sitzen konnte. Die Schmerzen kamen wieder. Also geklingelt und wer kam? Klar, Schwester Rabiata. Ich sagte, das ich Schmerzen hätte. „Sie haben doch schon 4 Portionen Schmerzmittel bekommen?“ „Das habe ich nicht! Ich habe heute noch kein einziges Schmerzmittel bekommen!“ Meine Bettnachbarin erklärt ihr, das ich Recht habe. Sie bringt mir widerwillig eine Portion Novalgin. Die Wirkung? Wie am Vortag. Gleich Null. Aber man ist ja tapfer und sagt sich, ach, das wird gleich besser. Also hocke ich in Schonhaltung auf dem Bett. Mein Gesichtsausdruck muss Bände gesprochen haben. Meine Nachbarin bearbeitet mich, wieder Bescheid zu sagen. Nach einer Stunde bin ich dann soweit. Schwester Rabiata kommt, hört sich das an und macht mir den Vorwurf, das sie nichts dafür könne, das ich die gängige Schmerzmittel nicht vertrage. Ich werde langsam sauer und sagte, das ich nicht wüsste, was es alles gibt und ich es sicherlich auch nicht toll finden würde, so viele Sachen nicht zu vertragen. Sie dampft wieder ab und sagte, sie wolle sich drum kümmern.
Ich versuche, etwas vom Abendbrot runter zu würgen. Selbst kleine Reiterchen (Blöckchen vom Brot geschnitten) sind unendlich viel.
Schwester Rabiata kommt mit einer Spritze wieder. Sie habe mit einem Anästhesisten telefoniert und er meinte, das solle in den Muskel gespritzt werden. „Legen Sie sich doch bitte einmal auf die rechte Seite!“ „Wie bitteIch soll mich auf die frisch operierte Seite legen? Wie soll das bitte gehen? Ich bin vor Anstrengung schon schweißgebadet, wenn ich mich gerade hinlege und ich kann mich gerade mal eben so halb auf die linke Seite legen!“ „Ja gut, dann muss das so gehen!“ So ein Trampel... Sie spritzt das Zeug fachmännisch und schwirrt wieder ab.
Ich merke, wie es mir irgendwie komisch wird. Es dreht sich alles leicht, mir ist schummerig. Ach, das ist sicherlich nur der Kreislauf vom wieder aufsetzen... Also weiter mit dem Kampf „Schnitte Brot essen“. Nach einiger Zeit kapituliere ich. Ich muss mich hinlegen. Obwohl es um die 30°C im Raum hat und es sehr schwül ist, wird mir immer kälter. Die dicke Decke ist gerade mal gut genug, es könnte ruhig dicker sein. Das Pflegepersonal verteilt schon einfache Laken und wundern sich. Mir wird übel, ich habe kein Zeitgefühl mehr. Also hinsetzen und mal einen Schluck Wasser trinken. Meine Nachbarin (was hätte ich die ersten beiden Tage ohne sie bloß gemacht) klingelt, da meine Augen alles andere als geradeaus gucken. Es wird kurz hektisch um mich rum, schnell hinlegen, Beine hoch in die Schocklage, immerhin ist es nicht die Schwester Rabiata. Ich friere. Mir ist schlecht. Ich bekomme ganz vorsichtig einen neuen Eisbeutel für die Schulter gelegt, einen mit Pfefferminzöl betäufelten kalten Lappen auf die Stirn (eine Wohltat!!). Der Blutdruck ist deutlich erhöht. Der Puls rast. Speischale und Tücher sind in Reichweite. Ich werde apathisch, mir ist alles egal. Sobald ich die Augen schließe, erscheinen Horrorfiguren. Augen geöffnet, bewegt sich alles. Leichte Panik macht sich bei mir breit, soweit ich dazu noch in der Lage bin. Die Nachtschwester schaut sich das kurz an, hört es und ruft sofort den Arzt. Der kommt, hört sich das draußen bei der Schwester an, kommt rein, fragt mich noch mal. Ich habe nur wenig Kraft. Ist mir ist so übel... Der Blutdruck ist immer noch weit oben. Es wird als allergische Reaktion erkannt. Ich bekomme wieder einen venösen Zugang, Ringerlösung, Fenistil und Vomex bekomme ich mit, das man mir das verabreicht (ob da noch was zur Beruhigung gegeben wurde, kA). Die Tatsache, dass der Arzt schon schaut, wie man das Bett am schnellsten aus dem Zimmer bekommt (meine Sporttasche steht drunter, da diese nicht in die winzigen Schränkchen passen), ist kurzzeitig nicht wirklich beruhigend, obwohl er sonst sehr souverän und beruhigend wirkt. Ich werde unendlich müde, ich traue mich nicht, die Augen zu schließen, habe Angst vor den Horrorfiguren. Der Doc erklärt mir, dass dies eine Nebenwirkung vom Fenistil wäre und man ruhig schlafen könnte. Ich mache die Augen zu und es breitet sich über mich eine schwarze Decke aus und ich falle in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Irgendwie bekomme ich halb mit, wie immer ein kalter Akku auf der Schulter liegt, der Lappen auf der Stirn immer frisch ist und ich fühle mich nie wirklich alleine. Irgendwann in der Nacht werde ich wach, die Nachtschwester ist sofort da, fragt, wie es geht. Da es besser geht werde ich vom Tropf befreit.
Am nächsten Morgen wache ich auf, als ob nichts gewesen wäre. Ich und alle anderen sind darüber sehr froh. Auf so eine Nacht kann ich wirklich verzichten. Meine Bettnachbarin schwärmte mir vor, was für ein gut aussehender Arzt und Pfleger da gewesen waren. Na toll, da war mal endlich was für das Auge da gewesen und ich bekomme alles nicht mit... Sie meinte auch noch, dass die Nachtschwester sehr, sehr häufig da gewesen ist.
Am nächsten Tag wird besprochen, welches Schmerzmittel ich überhaupt noch nehmen kann. Es ist langsam nicht mehr einfach, da Novalgin, Ibuprofen, Dicolfenac, Aspirin, Dipidolor nicht zur Verfügung stehen. Ich schlage Tramal vor, da ich das halbwegs gescheit vertrage. Skeptische Blicke von Arzt und Schwester. Aber dem wird dann zugestimmt. Besser das als noch weitere Try and Error Versuche bzgl. der Verträglichkeit von Schmerzmitteln.
Danach geht es mir endlich besser. Die Schmerzen lassen nach und ich kann anfangen, mich zu bewegen. Nachts ist auch endlich an Schlaf zu denken. Alle sind neidisch auf meinen Schlaf. 9h? Kein Problem! Ok, es sind immer kurze Pausen dabei, aber so im Mittel kommt es hin.
Die restlichen 3Tage waren halt so, wie es ist, wenn man sich langsam erholt. Die Nachtschwester (besagte von der 2. Nacht) amüsierte sich hinterher über mein Schlafverhalten prächtig, da ich öfters quer im Bett lag und den warmen Kühlakku als Kuschelkissen nutzte. Ein großes Lob an die gute Frau, die uns (meine Nachbarin mit dem gebrochenen Knöchel und mich) so klasse in der Nacht immer mit frischen Kühlakkus versorgte. Auch war bei ihr die Schmerzmittelgabe kein Problem. Sie sah mich abends kurz an und meinte, das tut noch weh und fragte nur noch nach der Uhrzeit, wann ich es etwa brauchen würde. Wurde man dann um die Uhrzeit mit den Schmerzen wach, war sie einfach da und gab einem die Tropfen und den frischen Kühlakku. Das war immer echtes Timing. Man wurd wach, sortierte sich (wo bin ich,was bin ich usw) und zack, kam die gute Frau.
Montag mittag nach der Visite kann ich endlich das KH verlassen. 6 Tage waren lang genug, vor allem, wenn man bedenkt, das zuerst 2-3 Tage angedacht waren.
Epilog:
Weitere 12 Wochen viele, viele Schmerzen gehabt. Erst in der Schulter, dann der Rücken durch die Schonhaltung auf der einen Seite und die Überlastung auf der anderen Seite.
Vorgespräch zur Nagelentfernung
Blöd sind die Aussagen von Ärzten während des Narkosevorgespräches (telefonisch, mussten das in 2 Etappen machen, weil einmal die Ärztin zum Einsatz weg musste) wegen der diversen Schmerzmittelunverträglichkeiten:
"Oh, da bleibt ja nichts mehr über"
"Was nehmen wir denn da noch?"
"Wie, Tramal vertragen Sie? Das verträgt doch keiner?"
Ja, ich finde es selbst auch Mist! Ich habe es mir nicht ausgesucht.
Immerhin fand die Ärztin 1 auch nicht so lustig, was mir bzgl. der Schmerzen passiert ist. Da haben wir dann ein wenig drüber geredet. Hoffentlich gibt sie das weiter.
Die Nagelentfernung am 30.9. war dagegen ein Kindergeburtstag.
Kurz vor der Op kam der Narkosearzt noch einmal zu mir und teilte mir mit, dass das mit der Schmerzbehandlung Postop nicht ganz so einfach wäre (ach??). Wie den Reaktion auf das Dipidolor gewesen wäre. Mir fuhr der Schreck durch die Glieder und habe gedacht, jetzt musste ganz ohne Schmerzmittel auskommen oder wieder diese üblen Nebenwirkungen. Aber dann sagte der Doc, das er Arcoxia gerne nehmen würde. Ob ich das kennen würde (nöö). Mittel gegen mögliche Nebenwirkungen sollen auch gegeben werden.
Um kurz nach 10h das LMA Pillchen (welches dieses mal wirkte) + die 2 Schmerzmitteltabletten (klein, vieleckig, grün), ich dämmerte dieses mal leicht weg, hach, ist das aufeinmal alles herrlich egal. Den Transport in den Op bekomme ich nicht wirklich mit. Im Vorbereitungsraum (warum sind dieses mal hier so viele Personen? huch, auch noch ein Oberarzt) wird einem alles erklärt was gemacht wird, ein paar kleine Scherze und ein wenig Ablenkung "wo wollen sie in den nächsten Urlaub hin?" Ich denke noch an das Tessin, jetzt mit den bunten Blättern, Traumstraßen und weg war ich ganz entspannt. Ganz entspannt aufgewacht, dem Hinweis des Atmens kam ich freiwillig nach. Nach der Op noch eine gute halbe Stunde (ab kurz nach 12h) im Aufwachraum (wegen dem Arcoxia, wenn ich das recht verstanden habe). Die Uhr ging da irgendwie in 5min Schritten. Sehr nette Schwester dort. Noch kurz auf die Station (auch dort sehr nettes Personal), kurze Visite von Chirurg3 und einem Narkosearzt, dann konnte ich auch schon nach Hause. Der lustige Pillencocktail wirkt dieses mal bei mir, keine Schmerzen, total zugedröhnt (hach, das war alles so lustig und kompliziert an dem Tag, einfach geil!).
Narbe sieht jetzt nach knapp 3 Wochen sehr gut aus. Seit der OP keine Probleme mehr.