Historischer Fall|Patient: Michelangelo
Hallo!
Ich arbeite zur Zeit an einer Seminararbeit über Michelangelos Sixtinische Decke. In einem seiner Sonette und aus zeitgenössischen Quellen erfährt man, dass er danach an einer Augenkrankheit litt.
Durch das ständige nach hinten gebeugte Blicken in Richtung Decke hatte er nach den vier Jahren Arbeit (1508-1512) Probleme damit nach unten schauen zu können. Er musste sowohl Bücher als auch Briefe etc. im Folgenden immer über Kopf halten um sie lesen zu können.
Kann mir zufällig jemand sagen was er für eine Krankheit gehabt haben könnte, wobei ihm das nach unten Blicken nicht mehr möglich war?
Vielen Dank!!!
AW: Historischer Fall|Patient: Michelangelo
Ich schätze, dass dies eine Blockade in der Halswirbelsäule war.
L.G. GILO
AW: Historischer Fall|Patient: Michelangelo
Hallo!
Ich bin durch Zufall auf diese Bemerkung gestoßen, als ich auf der Suche nach Krankheiten von Michelangelo durchs Internet gestöbert bin. Ich hatte vorher schon von diesem Phaenomen gehört.
Ich selbst bin Augenarzt und habe mir dieses Problem einige Tage durch den Kopf gehen lassen und bin dann auf eine sehr einfache Erklärung gekommen:
Für unseren Sehvorgang - damit ist die Koordination der Augen in ihrer Einstellung für Fern und Nah - sind im Hirnstamm Bewegungsmuster abgelegt, die durch Gewohnheit und durch Voreinstellung ( angeboren) programmiert sind. Ein typischer Sehvorgang ist z.B. die Einstellung der Augen auf die Nähe, wenn vorher in die Ferne geschaut wurde. In der Ferne stehen die Augen parallel, in der Nähe mussen die Augen nach innen gerichtet werde (Konvergenz). Damit ist zusätzlich verbunden das die Linsen sich von der Ferne auf die Nähe umstellen (Akkomodation). Man weiss seit langem, dass Akkomodation und Konvergenz miteinander gekoppelt sind. Beim normalen Lesen findet dieser Vorgang bei leichtem Abblick statt (Es würde keiner auf die Idee kommen den Text nach oben zu halten um zu Lesen) Es ist jetzt einfach vorstellbar, dass Michelangelo in der langen Zeit, in der er über-Kopf gearbeitet hat, den Vorgang Akkomodation und Konvergenz mit dem Blick nach oben gekoppelt hat. Nachdem die Arbeit erledigt war, hat es wieder einige Zeit benötigt um diesen "Reflex" umzustellen.
Ich hoffe, dass Dir diese Info noch nützlich ist.
Herzliche Grüße
Dr. Rolf Meyer-Schwickerath, Augenarzt (Ahaus)
Bei Rückfragen: rolf(at)meyer-schwickerath.net