Dies ist ein zugegeben sehr langer Text und ich habe keine Ahnung, ob der im 1. Versuch gleich komplett erscheint. Aber ich versuche es mal. Ich habe oftmals auf Bewertungen verzichtet.
Meine Erlebnisse in den letzten drei Wochen in einem norddeutschen Krankenhaus:
Vorerkrankungen 2009/Krankheitssymptome:
Einweisung
- Im Juli bekam ich eine Halsentzündung mit Fieber, die jedoch innerhalb von drei Tagen ohne Behandlung verschwand. Der trotzdem aufgesuchte Hausarzt konnte nichts mehr feststellen, weil der Termin erst 14 Tage später war.
- Ebenfalls im Juli klagte ich über stärkere Gelenkschmerzen und erhielt Paracetamol comp.. Diagnose: Arthrose, könnten aber auch auf Grund chronischer Borreliose da sein.
- Bereits im Januar bemerkte ich im unteren Rückenbereich eine Hautveränderung, die aussah wie eine Bißwunde. Ende Juli bemerkte ich, daß sich die betroffene Fläche in etwa verachtfacht hatte und fast eine Rosette bildete. Die Behandlung mit Dermatop hatte nichts gebracht. Ich suchte schnellstmöglich einen Hautarzt auf. Ich wählte bewußt den Hautarzt, der im Krankenhaus Belegbetten hat. Mit dem Arzt wurde es nichts, aber seine Praxiskollegin war bereit, mich zu untersuchen. Sie verschrieb eine angemischte Salbe bestehend aus Zinksalbe, Triamcinolonacetonid und Clotrimazol und meinte, wenn Dermatop nicht geholfen hat, wäre es eine Pilzerkrankung. Sie bot an, im Krankenhaus vorbeizugucken. Ich müßte nur Bescheid geben lassen, wo ich liege. Außerdem Harnwegsentzündung im Frühjahr.
Die Arzthelferin des Urologen meinte, ich werde in den nächsten Tagen vom Krankenhaus angerufen, doch nichts tat sich. Am dritten Tag rief ich beim Krankenhaus an und dort sagte man mir, man hätte alles abgearbeitet, aber von mir wüßte man nichts. Ich solle am 7.08. um 11:30 Uhr kommen. Mit 20 kg Gepäck kam ich dann am 07.08. um 11:20 Uhr im Krankenhaus an. Dank der Mitarbeiter an der Information, die sich lieber untereinander unterhielten bzw. sich um einen Parksünder kümmerten (es handelte sich immerhin um ein 28er Herrenfahrrad, daß an ein Baugerüst angelehnt war), kam ich 10 Minuten zu spät. Aber das schien nicht aufzufallen, denn die Dame in der urologischen Aufnahmeabteilung war eh reichlich beschäftigt. Ein Patient nutzte den Diskretionsabstand noch, um sich vorzudrängeln und bis die Dame mal aufblickte verging fast eine viertel Stunde. Nicht wirklich überrascht war ich, als ich erfuhr, daß ich mein Gepäck gar nicht benötigte. Geplant war lediglich eine Untersuchung durch einen Arzt mit Aufklärung über die Risiken, bei der ich mich fragte, warum der Arzt nicht fragte, ob ich diese Operation(en) "trotzdem" noch durchführen lassen wollte. Außerdem stand noch ein Aufklärungsgespräch in der Klinik für Anästhesie auf dem Programm und nach insgesamt 2 Stunden Wartezeit und etwa einer halben Stunde Untersuchung und Gesprächen wurde ein OP-Termin am 17.08. festgelegt. Ich sollte bereits am 16.08. um 7:00 Uhr erscheinen. Dagegen protestierte ich umgehend, da ich mir nicht vorstellen konnte, daß an einem Sonntag irgend etwas im Krankenhaus passiert. Daraufhin sagte man mir, ich solle am 14.08. noch einmal anrufen und nach dem genauen Einweisungstermin fragen.
Ich rief am 14.08. an, und hörte wieder dasselbe: Kommen Sie am 16.08. um 7:00 Uhr. Es folgte dieselbe Diskussion und am Schluß des Gesprächs erklärte mir die Dame am anderen Ende, es handele sich wohl um ein Mißverständnis, ich bräuchte erst am 17.08. um 7:00 Uhr zu kommen.
Der 1. Tag
Ich kam am 17.08. ins Krankenhaus, war pünktlich und wurde gebeten, im Wartezimmer Platz zu nehmen. Etwa 35 Minuten später holte mich ein Krankenpfleger ab. Es ging in einen Vorraum zum OP - Bekleidung ausziehen, Thrombosesocken und OP-Hemd anziehen und ins Bett legen. Der Krankenpfleger rollte mich in den OP, ich mußte mich auf dem OP-Bock (Tisch wäre sicherlich eine unangemessene Bezeichnung) legen und dann folgte die OP. Als ich erwachte lag ich in einem Vierbettzimmer, Luxus für Puritaner, kein Fernseher im Zimmer, stattdessen zwei langweilige Landschaftsfotos, eine Toilette für vier Personen aber immerhin zwei Waschbecken. Ich bekam gerade eine Infusion, hatte einen Blasenkatheter und eine perkutane Nierenfistel und war schmerzfrei. Auf meinem Nachttisch lag ein Pappschnitzel mit meinem Namen und heutigem Datum und aufgeklebt "Double Pigtail Stent Set – Lockable Pusher" drauf. Von den vier Betten war eines nicht belegt. Ich hoffte, daß alles erledigt war, denn der Urologe hatte mir am 7.08. erklärt, der Nierenstein liegt in einem Kelch und die Öffnung zur Niere ist nur etwa 2 mm groß. Der 14 mm große Stein müßte mechanisch zerlegt werden und stückweise durch diese kleine Öffnung gebracht werden. Wenn dies zu lange dauern würde, wären evtl. mehrere Operationen notwendig.
Als erstes Essen gab es für mich Abendbrot und danach würde ich irgendwann Einschlafen, so dachte ich zumindest. Doch ich hatte die Rechnung ohne meine Bettnachbarn gemacht. Einer von Ihnen war von einer Leiter gestürzt und hatte sich Niere und Lungenflügel geprellt. Dank seiner Schnarchgeräusche, die teils mit einer Motorkettensäge gut mithalten konnten, konnte zumindest ich gar nicht schlafen. Mein anderer Bettnachbar schien damit besser klar zu kommen und schnarchte ebenfalls. Als der Krankenpfleger von der Nachtschicht den Raum betrat und fragte, ob ich noch einen Wunsch habe, fragte ich, wie man denn hier schlafen könnte. Er entgegnete mir, in manchen Zimmern wäre es noch lauter. Er brachte mir zwei Ohrenstöpsel aus Gummi und verschwand wieder. Ich steckte die Stöpsel in die Ohren und hörte trotzdem noch das Schnarchen in beachtlicher Stärke. Außerdem wurden die Ohren langsam sehr heiß, bis ich endlich die Stöpsel wieder rauszog. An Schlaf war also nicht zu denken.
Der 2. Tag
In der Visite am nächsten morgen hieß es vom Operateur: "Ich habe keinen Stein gefunden, habe keinen Widerstand gespürt. Ich bin direkt aus dem Urlaub gekommen, ansonsten hätte ich lieber erst eine CT machen lassen, denn eine dreidimensionale Untersuchung ist besser als eine zweidimensionale. Wir werden heute eine CT machen. Der Blasenkatheter kann entfernt werden." Zunächst wurde der Blasenkatheter entfernt und ich durfte aufstehen. Ich erhielt eine Medikamentenbox mit zwei Tabletten drin. Ich fragte, was das für Tabletten sind und erhielt als Antwort: "wahrscheinlich Antibiotika". Diese gab es fortan täglich. Beim Stuhlgang gab es Kreislaufprobleme. Daher rollte man mich im Bett zum CT.
Allmählich wurde es heiß im Gebäude. Draußen herrschten schon so um die die 30°C und meine Bettnachbarn hatten die Außenjalousien heruntergefahren und die Fenster geöffnet, zumal die Fensterfront ab Mittag im Schatten lag. Die Jalousien waren voller Dreck und vermutlich seit der Montage noch nie gereinigt worden, die schmutzigen Fenster hatte ich eh schon am Montag bemerkt. Das Telefon für stolze 1,80 Euro Grundgebühr pro Tag war kaum das Geld wert. Mindestens die Hälfte der Zeit eines Gespräches knackte und knisterte es. Währenddessen war keine Verständigung möglich. Die Gründe dafür sind ganz einfach und ekelerregend. Die Ausdünstungen von hunderten oder gar tausenden Patienten befinden sich im Hörer und führen mit der Zeit zur Korrosion der Kontakte. Dagegen wurde der Fußboden, der Tisch, soweit frei die Nachtschränke und der Sanitärbereich regelmäßig morgens ordentlich gereinigt, doch was nutzt es, wenn die Krankheitserreger von woanders kommen?
Das Mittagessen war zwischenzeitlich schon abgestellt worden – vollkommen daneben: die Kartoffeln waren nicht gar und zähes, faseriges Fleisch und ein insgesamt fader Geschmack.
Danach mußte ich auf Toilette. Ich hatte plötzlich das Gefühl, erdrückt zu werden, so als hätte sich ein Python um die Taille gewickelt, nur es war keiner da. Diese Schmerzen mußten also eine andere Ursache haben, entweder DJ-Schiene oder Nierenstein. Über die starken Schmerzen sprach ich mit einer Krankenschwester, aber die habe ich fortan nicht mehr gesehen. Mir wurde weder ein Schmerzmittel angeboten, noch ein Gespräch mit einem Arzt. Diese Schmerzen hielten bis zur nächsten Operation an.
Nach dem Essen ging ich eine Zigarette rauchen und hielt mich meistens im Erdgeschoß auf, weil es dort zumindest in einem Gang kühler war. Ab und an war ich auch im Zimmer, um zu trinken. Nach dem Abendbrot und netten Gesprächen in der Raucherzone legte ich mich ins Bett. Zuvor hatte ich nicht bemerkt, daß ich ein so katastrophales Bett hatte. Der untere Rücken sackte förmlich in eine tiefe Kuhle. Oder hatte etwa während meiner Abwesenheit jemand das Bett getauscht? Da abends keine Gläser da waren, mußte ich mich mit einer Tasse begnügen. Beim Einschenken im Liegen kam’s prompt zur Überschwemmung auf dem Nachttisch. Bei der Nachtschicht bestellte ich ein Schmerzmittel. Das half zwar gegen die leichten Wundschmerzen, nicht jedoch gegen die starken Schmerzen beim Wasser lassen. Lt. Akte handelte es sich um Novalgin. An Schlaf war wieder nicht zu denken und beim Liegen stellten sich allmählich auch noch Rückenschmerzen ein.
Der 3. Tag
Ich war der erste in der Raucherzone um 5:30 Uhr, wen wundert’s ? Ich hatte die zweite Nacht nicht geschlafen, nur auf dem Bett gelegen und im Laufe der Nacht massive Rückenschmerzen bekommen, alle Gelenke schmerzten nacheinander und ich konnte kaum auftreten. Dies ist die Quittung, wenn man bei einer chronischen Borreliose keinen geregelten Tagesablauf einhält bzw. einhalten kann. Erfahrungsgemäß erledigen sich diese Symptome ohne Behandlung nach einer längeren Ruhephase, doch die sollte es erst während der nächsten OP geben und diese Symptome blieben mir auch nach dem Krankenhausaufenthalt erhalten. Die Visite habe ich gar nicht mitbekommen, ich kämpfte gerade mit dem nicht vorhandenen Python auf der Toilette einen aussichtslosen Kampf. Meine Bettgenossen berichteten mir danach, der Operateur habe gesagt, der Nierenstein befindet sich nun im Nierenbecken (also war dies der Grund für die unerträglichen Schmerzen) und wäre einfach zu entfernen. Einerseits war ich erleichtert, andererseits fing ich an, an der Version vom Vortag zu zweifeln. Proportional zu den Größenverhältnissen wurde also eine Katze durch ein Mauseloch gedrückt und das will der Operateur nicht gemerkt haben? Und was ist mit der Kelchöffnung zur Niere passiert? Da es vor der Operation keinerlei Schmerzen vom Stein gab, muß er ja bewegt wurden sein. Als nächster OP-Termin wurde Freitag (der 5. Tag meines Aufenthaltes) genannt und ich fragte mich, wieso nicht schon heute? Gut, heute war ich nicht mehr nüchtern, aber die CT geschah ja schon am Vortag! Am späten Vormittag wurde ich aufgefordert, die Schmerzen in einer Skala von 1-10 zu werten. Ich gab 8-9 an. Dies führte jedoch immer noch nicht dazu, daß ich Schmerzmittel bekam. Das Personal war zwar stets freundlich, nur einer war frustriert und launisch, der Operateur dagegen spröde sachlich, der Oberarzt scheißfreundlich. Es blieb dabei, Schmerzmittel gab es ausschließlich nur von der Nachtschicht. Aber eine simple verständliche Kommunikation war kaum möglich oder vielleicht auch gar nicht erwünscht. Ich protestierte wegen meines Bettes, aber es geschah nichts. Auch das Mittagessen war kaum besser als am Vortag. Den Antrittsbesuch der Nachtschicht hatte ich verpaßt und ging zum Krankenpfleger wegen eines Schmerzmittels. "Tropfen oder Tabletten" fragte er, und ich antwortete "das ist mir egal". Er gab mir zwei Tabletten. Ich konnte keine Wirkung feststellen. Erst am Entlassungstag erfuhr ich, daß es sich um Paracetamol gehandelt haben muß. Gegen starke Schmerzen ein niedrigpotentes Schmerzmittel zu verabreichen, halte ich für Verarschung. Im schadhaften Bett versuchte ich auf der Bettkante zu liegen, aber die Rückenschmerzen zwangen mich aufzustehen. Ich wandelte die ganze Nacht durch die Krankenhausflure der verschiedenen Etagen, setzte mich mal ohne Bedürfnis auf die Toilette, mal auf Stühle im Wartebereich aber meistens lief ich den Gang vor meinem Zimmer auf und ab.
Der 4. Tag
Mein (potentieller) Bettnachbar machte mich mit einem verzweifelten Borreliose-Patienten bekannt, den ich in der Raucherzone kennengelernt hatte. Ich kannte ihn schon, es war der Jäger aus dem meinem Haus benachbarten Wald. Wir tauschten vor allem unsere Erfahrungen über die Krankheitssymptome aus. Er hatte eine identische Hautveränderung gehabt. Seine Hautärztin hatte ein Stück Haut ausgestanzt und darauf reichlich Borrelien-Erreger gefunden. Es hat lange gedauert, bis das wieder weg war. Ich hatte nun das Bedürfnis, die Hautärztin wiederzusehen, die mir eine Salbe gegen eine Pilzerkrankung verschrieben hatte und sehr wahrscheinlich beim Abstrich auch keine Pilze gefunden haben wird. Da die Belegbetten des Hautarztes nirgends ausgeschildert sind, bat ich auf der Urologie, dort Bescheid zu geben. Dies wurde kategorisch abgelehnt. Stattdessen erhielt ich Besuch von einem Arzt, der mir erzählte, daß bei akuter Borreliose keine OP stattfinden kann. Er erkundigte sich nach meiner Erkrankung und bemerkte, bei diesem chronischen Verlauf wäre eine OP durchaus möglich. Etwa um 10:00 Uhr brachte man mir ein anderes Bett mit dem Kommentar: "Damit müssen Sie zufrieden sein, bessere haben wir nicht". Auch dieses Bett war extrem durchgelegen. Es lagen gar zwei Matrazen übereinander, aber die Kuhle war in Längsrichtung gleichmäßiger. Daß dies nicht ohne Grund geschehen ist, hat mir niemand mitgeteilt und hätte ich den Arztbrief nicht gelesen, hätte ich es womöglich niemals erfahren, denn der Arztbrief war an meinen Urologen adressiert und für mich ist es fraglich, ob der einen Befund außerhalb seines Zuständigkeitsbereiches an den Hausarzt weitergegeben hätte. Der Befund: Verdacht auf Hämangiomwirbel BWK11. Das Mittagessen war erneut beanstandenswert. Immerhin waren Frühstück und Abendbrot kaum zu verreißen. Am Nachmittag wunderte ich mich, daß das Personal von der morgigen OP nichts wußte. Ich stünde nicht auf der Liste. Am Abend des extrem heißen Tages schien es beim Personal angekommen zu sein. Ein Pfleger hängte ein grünes "Nüchtern"-Schild an mein Bett, gab mir frische Thrombosestrümpfe und ein OP-Hemd. Vom Nachtpfleger erhielt ich nun wieder Novalgin. Nach drei Tagen ohne Schlaf konnte ich in dieser Nacht tatsächlich etwas schlafen, allerdings nur etwa im Halbstundentakt. Die Schnarchgeräusche waren für mich immer noch zu sehr störend, obwohl die Lautstärke ein wenig nachgelassen hatte.
Der 5. Tag
Ich wurde gleich morgens früh zur OP gebracht, das scheint im Hochsommer ein Privileg zu sein, wie ich drei Tage später sehen konnte. Nach der OP reichte man mir den zweigeteilten Nierenstein und ich wies ihn zurück mit der Bemerkung: "Den wollten Sie doch noch analysieren." Ich war wieder komplett schmerzfrei (wie nach der 1. OP für etwa einen Tag) und konnte bereits abends zum Abendbrot wieder aufstehen. Der Tagesrhythmus hatte sich bei mir schon verabschiedet - der Stuhlgang kam nachts um 4:00 Uhr. Schlafen war auch in dieser Nacht schwierig. Erst tönte noch Musik vom nahegelegenen Schützenfest durch’s Fenster, danach ging es ins altbekannte Schnarchmuster über.
Der 6. Tag
Das Nüchtern-Schild hing immer noch über meinem Bett und bevor jemand auf die Idee kommen sollte, mir das Frühstück zu verweigern, nahm ich es lieber selbst ab. Kurz vor dem Mittagessen wurde der Blasenkatheter entfernt. Ich wurde zum Röntgen geschickt. Die Radiologie war völlig verwaist und verdreckt, durch einige offene Türen blickte man auf Baustellen. Ich ging wieder zurück. Man schickte mich zur Notfall-Ambulanz zum Röntgen. Als ich wieder zurückkam, berichteten meine Bettnachbarn, sie konnten mein Mittagessen gerade noch vor dem Abräumen bewahren. Das Essen war schon kalt. Ich ließ es mir in der Mikrowelle aufwärmen. Dieses Essen, ein Eintopf, war das einzige Mittagessen, an dem ich nichts auszusetzen hatte. Das Essen war gut gewürzt und nichts dran falsch gemacht. Am Nachmittag wurden zwei Betten neu belegt. Fortan war ich umgeben von einer Fraktion von Kampf-Schweigern. Ich kann verstehen, wenn jemand vor einer Operation mehr mit sich selbst beschäftigt ist. Ich habe mich aber lieber außerhalb des Zimmers aufgehalten. Zum Trinken und Wasser lassen, daß fortan protokolliert werden mußte, war ich jedoch im Zimmer und das empfand einer der beiden neuen Bettnachbarn als störend. Die Schnarcher scheinen dem Krankenhaus wohl nie auszugehen. Die beiden Neuen konnten mit dem Rekordhalter vom Lärmpegel zwar nicht mithalten, waren aber auch nicht zu verachten. Bei mir hatten sich Schmerzen wieder eingestellt. Ich bekam wieder Novalgin. Ans Schlafen war nachts mal wieder nicht zu denken. Fünf Stunden lag ich im Bett, hatte etwa eine Stunde am Stück geschlafen, bis ich mich entschloß, aufzustehen. Der Stuhlgang schien quer zu liegen und mit viel Bewegung wurde ich ihn los. Die Dame an der Rezeption war schon nervös geworden und wirkte, als wollte sie den Sicherheitsdienst rufen.
Der 7. Tag
Bei der morgentlichen Visite sagte der Operateur, das Röntgen habe ergeben, daß der Stein restlos raus ist. Der Chef-Arzt sagte, die perkutane Nierenfistel kann ab und Dienstag entlassen. Doch im Laufe des Tages geschah nichts. Das Mittagessen war das absolute Highlight: Sand im Reis, Möhren (wohl zuvor völlig eingetrocknet, mit Wasser bißchen aufgepeppelt und kurz erhitzt) völlig zäh, steinhartes Fleisch mit Champignons. Das bißchen, was ich davon aß, mußte ich 10 Minuten später erbrechen. Einer meiner Bettnachbarn sagte angewidert: "Daß eß ich nicht" und am Ende gingen vier Gerichte wieder zurück.
Der 8. Tag
Nach dem Frühstück tat sich nichts in Sachen Nierenfistel entfernen. Auf meine Nachfrage hieß es, davon wüßte man nichts. Um 14:00 Uhr war es dann so weit. Der Schlauch wurde entfernt und ich bekam einen Druckverband. Etwa eine Stunde später mußte ich Wasser lassen. Der Urin bewegte sich nicht nur auf dem normalen Weg, sondern stieg in der Niere bei brennenden Schmerzen auf und durchnäßte den Verband, durchnäßte meinen Schlafanzug. Verband und Kleidung mußten gewechselt werden. Wiederum eine Stunde später wiederholte sich dasselbe Spiel. Die Krankenschwester sagte: "Sie müssen sich auf den Druckverband legen, hat Ihnen das niemand gesagt?"
Der Arzt meinte, wenn es nicht geht, muß ein Blasenkatheter gesetzt werden.
Ich legte mich auf den Druckverband, auch wenn es schmerzte. Nach etwa einer Stunde war der Verband mit Urin vollgesogen. Ich mußte auf Toilette und bemerkte nicht, daß der Urin hinter mir auf den Boden tropfte. So legte ich eine breite Urin-Spur bis zur Toilette.Ich klingelte und eine Krankenschwester kam. Ich sagte ihr, "ich brauche schon wieder einen neuen Verband und hier müßte mal jemand wischen". Entrüstet entgegnete sie mir, "ich nicht, ich sage Bescheid", machte mir einen neuen Verband und verließ den Raum. Anschließend kam noch ein Krankenpfleger (oder Arzt), und setzte einen Blasenkatheter. Zum Aufwischen kam niemand. Beide neuen Bettnachbarn hatten heute Ihre OP und durften zuletzt um 8:00 Uhr etwas trinken. Während der eine um 15:00 Uhr zur OP kam, wartete der andere um 17:00 immer noch. Er wurde langsam unruhig, denn er hatte Durst. 26°C im Zimmer und den ganzen Tag nichts trinken dürfen, kann und will ich mir gar nicht vorstellen. Zwei Stunden später kam der Chefarzt und wies die Krankenschwestern zurecht: "Das geht nicht, so was ist gefährlich, der Mann könnte dehydrieren." Es wurde ein Tropf gelegt und eine Stunde später wurde mein Bettnachbar zur OP gebracht.
Die Nachschicht war wohl heute besonders schlecht gelaunt: Ich wünschte noch ein Glas, weil zuvor keine da waren. Der Krankenpfleger antwortete: "Holen Sie sich das doch selbst". In unserem Zimmer war der Krankenpfleger in dieser Nacht acht mal zum Tropf wechseln. Mitten in der Nacht löste sich bei meinem Blasenkatheter der Schlauch und der Inhalt ergoß sich auf den Boden, der des Schlauches in mein Bett. Ich rief den Krankenpfleger und bat, den Schlauch richtig aufzustecken und den Urin wegzuwischen. Er rückte mein Bett zur Seite und entschwand. Ich stand neben dem Bett. Nach etwa 40 Minuten kam er wieder und wischte den Urin weg und brachte eine neue Inkontinenzunterlage. Ich ging wieder ins Bett. Ans Schlafen war in dieser Nacht für alle kaum zu denken, lediglich in diesen 40 Minuten schliefen meine Bettnachbarn. Ich schlief vielleicht eine viertel Stunde. Es gab zu viele Störungen.
Der 9. Tag
Da die perkutane Nierenfistel erst mit einem Tag Verspätung entfernt wurde, ging ich eigentlich davon aus, daß ich nicht heute entlassen werde. Doch gegen 10:00 Uhr wurde der Blasenkatheter entfernt. Ein Loch mit etwa 0,8 cm Durchmesser sollte sich in 17 Stunden zusetzen. Ich habe keine Erfahrung mit so etwas und konnte daher nicht widersprechen. Etwa eine Stunde, nachdem der Katheter entfernt wurde, mußte ich auf Toilette. Wegen extrem starker Schmerzen habe ich nur ca. 50 ml Urin abgelassen und dann den Vorgang abgebrochen. Ich ging zum Arzt, es war der Oberarzt. Dieser untersuchte mit Ultraschall und stellte fest: "Ein Harnstau ist es nicht, durch die DJ-Schiene kann der Urin in beide Richtungen. Die Schmerzen werden von der Irritation der Blasenmuskulatur kommen." Er fragte, ob die Wunde nun dicht ist. Ich sagte Ihm: "Das konnte ich noch nicht ausprobieren, die Blase ist noch recht voll, aber wegen der Schmerzen mußte ich abbrechen." Er gab mir 3 Tabletten und meinte das hilft. Am Entlassungstag stellte sich heraus, daß er diese Tabletten nicht in die Behandlungsakte eingetragen hatte. Es wird sich wohl mal wieder um Paracetamol und Spasmex gehandelt haben. Eine viertel Stunde später brachte man mir den Arztbrief mit der Bemerkung, ich könne dann gehen. Ich erhielt keinerlei Informationen, was ich zu unterlassen habe bzw. welche Tabletten ich zu nehmen hatte bzw. was mit der DJ-Schiene zu machen ist. Auch im Arztbrief stand davon nichts. Ich ging in die Urologie-Aufnahme und vereinbarte einen Termin zur Entfernung der DJ-Schiene. Ich holte mein Auto, denn mein Gepäck war zwischenzeitlich durch Besucher auf 40 kg angeschwollen und die wollte ich so wenig wie möglich tragen. Als ich mein Gepäck vom Zimmer holte, war mein Bett schon anderweitig belegt. Ich wollte zunächst einen Freund besuchen, um ihm seinen Notebook zurückzugeben, doch zuvor mußte ich mal kurz Wasser lassen. Ich fuhr zu einem nahegelegenen Waldstück und da wiederholte sich das Drama vom Krankenhaus. Höchstens 50 ml Urin und dann wegen zu starker Schmerzen abgebrochen und vor allem, weil der altbekannte brennende Schmerz vom aufsteigenden Urin einsetzte. Nach dem Besuch des Freundes fuhr ich zum Einkaufen und danach nach Hause. Ich hatte einen enormen Druck auf der Blase, ich eilte auf Toilette. Ich konnte den Urin nicht mehr zurückhalten. Der Urin brannte sich die Niere rauf und ergoß sich aus dem Ausgang der Nierenfistel. In dem Moment ließ der enorme Schmerz nach, es brannte nur noch von außen, doch die Wunde war wieder offen. Damit ich meine Inneneinrichtung nicht einsaue, habe ich Handtücher genommen, um den heraustriefenden Urin abzufangen. Ich rief eine Freundin an und sie organisierte mir einen Fahrer. Ich mußte eine Weile warten. Erst um ca. 18:45 Uhr war ich dann wieder im Krankenhaus auf der Urologie. Ich wartete auf einen Arzt, aber es kam niemand, nicht nach einer halben Stunde, nicht nach einer Stunde usw. Um 21:30 Uhr schickte mich die Krankenschwester zur Notfall-Ambulanz. Dort erklärte man mir nach einer halben Wartezeit, man könne mich nicht wieder aufnehmen. Ich fragte, ob es dafür bürokratische Gründe gäbe, Die Antwort war ein klares "Ja". Ich dachte daran, die Polizei zu rufen, um eine Strafanzeige zu machen, als mein Begleiter sagte, "das gebe ich an die Presse". Das war dann der Türöffner zum Arzt und zur Wiederaufnahme im Krankenhaus. Auf einmal ging es ganz schnell. Um 22:05 Uhr kam ich endlich zu einem Arzt. Der wußte allerdings nicht Bescheid und telefonierte, wie er sagte, mit einem Urologen. Er setzte abermals einen Blasenkatheter und erneuerte den Verband. Mit der Bemerkung "Die Urologie ist voll belegt." Schickte er mich in die Chirurgie. Ich war wieder aufgenommen. Das Bett war in einem Dreibettzimmer, ähnlich durchgelegen wie das letzte, aber in dieser Nacht konnte ich das erste Mal mangels Schnarcher durchschlafen. Im Zimmer war gar noch ein Bett frei und mein Bettnachbar kam auch aus der Urologie.
Der 10. Tag
Die Visite wurde natürlich durch die Urologische Abteilung durchgeführt. Der Blasenkatheter sollte nun einen Tag länger drin bleiben (so war es wohl ursprünglich auch geplant, nur nicht ausgeführt). Die Tabletten wurden nicht ausgepackt ausgegeben und so entdeckte ich, daß das Antibiotikum dasselbe war, daß bei mir im Frühjahr bei einer Harnwegsinfektion versagt hatte. Da die Visite schon durch war, suchte ich in der Urologie einen Arzt und fand auch einen, machte ihn auf den Sachverhalt aufmerksam. Dieser entgegenete mir, man habe eine Urinkultur angelegt, Cipro müßte ausreichend sein. Auf dieser Station war kaum etwas zu bemängeln, selbst das Mittagessen nicht. Komisch, ich dachte, das kommt alles aus derselben Küche.
Der 11. Tag
Der Blasenkatheter wurde entfernt und da es mal wieder ein heißer Tag war, trank ich ein bißchen mehr. Der erste Wasser lassen bereitete erhebliche Schmerzen, aber der Urin brannte nicht mehr langsam in der Niere hoch. Dem Wunsch nach Medikamenten konnte nicht entsprochen werden, da in meiner Krankenakte die letzten Medikamente fehlten. Man händigte mir die Krankenakte aus und sollte zum Nachtragen den Oberarzt aufsuchen. Er ergänzte lediglich Spasmex und schrieb zusätzlich Tamsulosin auf. Innerhalb von 12 Stunden mußte ich acht mal Wasser lassen und die Wunde hielt. Ich hatte zuviel getrunken und war nun selbst Schuld, daß der Schlaf im Stundentakt ablief.
Der 12. Tag
Nachdem nun die Wunde dicht war, wurde ich entlassen. Dieses Mal wurde auch die weitere Medikation besprochen und darauf hingewiesen, daß die DJ-Schiene vom Urologen zu entfernen sei, worauf ich antwortete, daß ich hier bereits einen Termin vereinbart habe. Ich bat darum, mir Spasmex auszuhändigen, die anderen Medikamente habe ich selbst noch. Dies wurde zunächst abgelehnt, aber als ich mich in der Raucherzone verabschiedete und wieder auf mein Zimmer kam, lag ein Riegel Spasmex auf meinem Nachttisch. Mein Bett war schon weg. Da mein Auto zu Hause stand und ich zwecks Abholung niemand erreichen konnte, mußte ich diesesmal den Bus nehmen und anschließend mit dem Gepack noch einen Kilometer gehen.
Einen Tag danach
Der Urin wurde gegen Abend langsam sämig.
Zwei Tage danach
Der Urin war nun deutlich sämig. Bakterien setzen sich in einer schleimigen Schicht ab und gegen Nachmittag wurde der Urin blutig und die Harnröhre begann zu brennen. Die Antibiotika haben ein zweites Mal versagt. Blasenentzündung, ich fahre zum Notarzt und lasse mir Doxycyclin verschreiben. Ich habe die vage Hoffnung, daß Doxycyclin auch ausreicht, um die Symptome der Borreliose mit zu unterdrücken.
Fünf Tage danach
Im Bereich des linken Hüftgelenks innen stellt sich langsam ein intensiver werdender Schmerz ein. Und wenn ich darüber nachdenke, fällt mir auf, daß es seit der Wiederaufnahme weder Thrombose-Spritzen noch Thrombose-Strümpfe mehr gab. Gut, ich habe mich ein wenig bewegt, aber genug, daß das keine Thrombose ist?
Zeugen:
für den schlechten hygienischen Zustand P. K., Krankenpfleger
für die Wiederaufnahme, W. J., Beamter bei der Staatsanwaltschaft
Mich würde nun interessieren, wie würdet Ihr reagieren, wenn Ihr so etwas erleben würdet?