Zur Rettung unseres Gesundheitswesens wurde nun wieder ein Vorschlag gemacht, der eigentlich so alt ist wie das Millionendefizit der gesetzlichen Krankenkassen: Ärzte sollen Quittungen ausstellen, aus denen Art und Umfang ihrer Leistungen hervorgehen. Dies soll nicht nur zur Kontrolle des Arztes durch den Patienten dienen, sondern auch zu einem neuen Bewusstsein unserer Schutzbefohlenen führen. Der Gedanke erscheint so griffig wie ein ergonomisch optimiertes Skalpell, das tief in den Sumpf medizinischer Verschwendung und ärztlichem Betrug hinein schneidet. Und wer könnte dafür besser prädestiniert sein, diese scharfe Klinge zu führen als die Leistungsempfänger? Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben schließlich bei der Aldisierung der Medizin versagt, unsere Patienten werden aber, gestählt durch jahrzehntelange Schnäppchenkunde in Supermärkten, Reisebüros und Autohäusern, endlich von ihrem Medicus noch viel mehr Leistungen zu immer günstigeren Konditionen einfordern und damit Millionen zurück in die leeren Krankenkassen spülen. Soweit der Plan. Dies mag einleuchtend wie ein OP-Flutlicht sein; von schräg unten betrachtet, mutet er ebenso schräg an. Schließlich sind unsere gesetzlich Krankenversicherten, gelobt sei das fünfte Sozialgesetzbuch, geprägt nicht vom Discount, sondern von der Erfahrung, dass die Gesundheit das teuerste Gut ist und demzufolge von der Krankenversicherung bezahlt werden muss. Genau hier liegt der Stein in der Gallenblase, Pardon, der Hase im Pfeffer: Für die Gesundheit ist das Beste gerade gut genug, da kann man sich auf gar keinen Fall mit Sonderangeboten abgeben. Wer gibt sich schon mit einer klinischen Diagnose zufrieden, wenn es auch eine MRT-Untersuchung tut? Wie viel zählt eine Blickdiagnose, wenn unzählige Laboruntersuchungen zur Verfügung stehen? Hand auf den linken Ventrikel: Können Sie sich einen Patienten vorstellen, der Verzicht übt, wenn er eindrucksvolle Quittungen präsentiert bekommt, und sich medizinischen Notwendigkeiten versagt, um zum Wohl seiner Versicherung die Preisspirale nach unten zu drücken? Nein, die Ernennung des Patienten zum Blockwart der Krankenkassenkosten kann nicht funktionieren. Und Gesundheit gibt es nicht zu Supermarktpreisen. Ich für meinen Teil gehe nicht davon aus, dass in Praxen und Krankenhäusern demnächst Reklame gemacht wird: „Drei Appendektomien für den Preis von zwei!“ oder „Diese Woche: Frisch eingetroffene Ballonkatheter! Brandneue dreier Größen für die gesamte Familie!“ oder „Happy hour – Hausbesuche zwischen 22 und 23 Uhr für nur einen Euro!“ Obwohl – so weit weg davon sind wir gar nicht.

[Weiterlesen...]


Information:
In diesem Forum gehen direkte Antworten auf Nachrichten
meist ungelesen unter. Am besten Sie erstellen ein eigenes
Thema in einem unserer passenden Foren, wenn Sie über
diese Nachricht diskutieren möchten.